Lange Nacht der Wissenschaften bei ASCA

June 11, 2005

Chemie für die Pillendose

In jedem Medikament stecken Substanzen, die für eine bestimmte Wirkung im Organismus verantwortlich sind. Diese Wirkstoffe sind chemische Moleküle, die zunächst im Labor synthetisiert werden. Aber längst nicht jede Substanz, die das Labor verläßt, schafft die Entwicklung zum Arzneimittel. In den Laboratorien der ASCA erfahren Sie etwas über den langen Weg eines Wirkstoffes von den ersten Syntheseversuchen bis in die Apotheke.

In vier Laboratorien zeigen wir Experimente und beantworten Ihre Fragen rund um folgende Themen:

  • Von der Idee zum fertigen Medikament. Wo steht die medizinische Chemie? Was macht ASCA?
  • Warum wirkt ein Wirkstoff? – Zwei Beispiele
  • Wie rein muß das Produkt sein? – Techniken der Stofftrennung
  • “Natürliche” oder “synthetische” Wirkstoffe?

   

Farbstoffe und Arzneimittel

Die Entwicklung von Arzneimitteln und synthetischen Farbstoffen ist eng miteinander verbunden. Der Landarzt Robert Koch stellte fest, dass verschiedene Farbstoffe eine auffallende Affinität zu lebenden Zellen haben. So war es ihm gelungen, Tuberkelbazillen mit Methylenblau anzufärben, das seit 1885 von den Farbwerken Hoechst hergestellt wurde.

Sein Schüler Paul Ehrlich fragte sich, ob man Krankheitserreger mit Farbstoffen nicht nur gezielt anfärben, sondern auch gezielt abtöten könnte. Methylenblau wurde daraufhin zur Behandlung von Malaria und Allgemeininfektionen eingesetzt. Ehrlich experimentierte auch mit anderen Farbstoffen wie z.B. Azofarbstoffen und deren Analoga.

Salvarsan
Salvarsan (1910)

Der Austausch der -N=N-Gruppe im Azofarbstoff durch das giftige Arsen führte zu Salvarsan, dem ersten wirksamen Mittel gegen Syphilis. Paul Ehrlich wurde damit zum Vater der Chemotherapie.

Ein weiterer großer Erfolg in der Chemotherapie gelang dem Arzt Gerhard Domagk bei Bayer mit dem roten Azofarbstoff Sulfachrysoidin. Er erwies sich als sehr wirksam gegen Infektionen mit Streptokokken.

Prontosil rubrum

Medikament:  “Prontosil rubrum” (1935)

 

Sulfanilamid

Aktiver Wirkstoff:  Sulfanilamid

Weltbekannt wurden die Sulfonamide, als ein Jahr später der Sohn des amerikanischen Präsidenten Theodor Roosevelt, der an einer eitrigen Nebenhöhleninfektion schwer erkrankt war, damit geheilt werden konnte. Der Träger der Wirkung ist nicht der Azofarbstoff selbst, sondern sein Stoffwechselprodukt Sulfanilamid. Voraussetzung für die Wirksamkeit ist die “Fixierung des Stoffes an die Parasiten” (P. Ehrlich).

Noch heute gilt: Ein Arzneimittel muß nach der Anwendung an seinen Wirkort gelangen und dort mit einem biologischen Makromolekül in Wechselwirkung treten. Nur bei ausreichender Selektivität entfaltet es die gewünschte biologische Wirkung ohne (bzw. mit akzeptablen) Nebenwirkungen.